Hamburgs Zukunft zu allen Zeiten klug, sozial und nachhaltig gestalten: Geschichtsort Stadthaus – eine dem Erinnerungsort angemessene wissenschaftliche Begleitung weiterhin ermöglichen

BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG

20.05.2021, Drucksache 22/4393

Antrag

der Abgeordneten Dr. Isabella Vértes-Schütter, Cem Berk, Gabi Dobusch, Regina-Elisabeth Jäck, Claudia Loss, Kirsten Martens, Dr. Christel Oldenburg, Hansjörg Schmidt, Dagmar Wiedemann (SPD) und Fraktion

und

der Abgeordneten Peter Zamory, Dennis Paustian-Döscher,
Maryam Blumenthal, Miriam Block, Sina Demirhan, René Gögge, Farid Müller, Ivy May Müller, Eva Botzenhart, Mareike Engels, Michael Gwosdz, Linus Jünemann, Zohra Mojadeddi (GRÜNE) und Fraktion

Haushaltsplan-Entwurf 2021/2022

Einzelplan 3.3

Betr.: Hamburgs Zukunft zu allen Zeiten klug, sozial und nachhaltig gestalten: Geschichtsort Stadthaus – eine dem Erinnerungsort angemessene wis- senschaftliche Begleitung weiterhin ermöglichen

Der „Geschichtsort Stadthaus“ ist ein neuer Ort der Erinnerung, der erstmals die Vergangenheit des Gebäudekomplexes am Neuen Wall/Stadthausbrücke während der nationalsozialistischen Herrschaft dokumentiert. Bis zur Ausbombung 1943 waren hier das Polizeipräsidium sowie die norddeutschen Leitstellen von Kriminalpolizei und Gestapo untergebracht. Der Gedenkort soll an all die Menschen erinnern, die von den Nationalsozialisten in diesem Gebäude bei Vernehmungen misshandelt, gefoltert und ermordet wurden. Der Erinnerungsort ist aber auch ein Täterort: Die Täter müssen benannt, ihre Verbrechen müssen zugeordnet werden, damit auch das nicht in Vergessenheit gerät.
Von Mai 2018 an informierte zunächst eine Interimsausstellung über die Geschichte des Gebäudes im Nationalsozialismus. Ende Januar 2020 wurde die Dauerausstellung „Das Stadthaus im Nationalsozialismus. Eine Zentrale des Terrors“ fertiggestellt. Darüber hinaus informiert auf dem Arkadengang über dem Bleichenfleet eine Ausstellung über die Bau- und Nutzungsgeschichte des Gebäudeensembles der heutigen Stadthöfe, wobei der Schwerpunkt auf der Zeit des Nationalsozialismus liegt. Zudem wurde der „Seufzergang“ für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dieser Gang über das Bleichenfleet wurde in der NS-Zeit genutzt, um Gefangene von den Arrestzellen zu den Vernehmungszimmern zu bringen. Im „Seufzergang“ können an einer Hörstation Berichte ehemaliger Gefangener über die Verhörsituation und die erlittenen Misshandlungen im Stadthaus abgerufen werden. Neben den regelmäßig angebotenen Rundgängen gibt ein 2020 entstandener filmischer Rundgang anhand historischer Fotos und aktueller Aufnahmen einen Überblick über die Geschichte des Stadthauses sowie den heutigen „Geschichtsort Stadthaus“ und dem öffentlich zugänglichen „Seufzergang“. In 2021 soll das Denkzeichen „Stigma“ der Künstlerinnen Ute Vorkoeper und Andrea Knobloch realisiert werden, das aus einem von der Behörde für Kultur und Medien Hamburg ausgelobten Kunstwettbewerb als Siegerentwurf hervorgegangen ist. Dadurch wird auf dem Gehweg vor dem ehemaligen Stadthaus in markanter Art und Weise auf die Geschichte des Gebäudes hingewiesen.
Die rot-grüne Regierungskoalition hatte sich bereits 2018 mit ihrem Antrag „Geschichtsort Stadthaus“ (Drs. 21/15394) für eine Intensivierung der pädagogisch-wissenschaftlichen Betreuung sowie eine umfassende Vermittlung der Inhalte zum künftigen Gedenkort eingesetzt. Der Antrag befürwortete die Einrichtung einer Stelle einer/eines wissenschaftlichen Mitarbeiter*in, um eine Konzeption für die entsprechenden Vermittlungsangebote zu entwickeln und das Betreuungsangebot aufzubauen. In den vergangenen zwei Jahren wurden durch die engagierte Tätigkeit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin in Kooperation mit den Opferverbänden, Geschichtswerkstätten, der Landeszentrale für Politische Bildung und weiteren Trägern der politischen Bildung vielseitige Angebote zur Vermittlung in Form von Veranstaltungen, Rundgängen und Publikationen entwickelt.
Nachdem der konzeptionelle Aufbau des Vermittlungsangebots erfolgreich abgeschlossen werden konnte, soll nun zur Fortführung der inhaltlichen Begleitung des Geschichtsorts Stadthaus, für die Entwicklung und Durchführung von Veranstaltungs- und Bildungsformaten im Geschichtsort sowie für die Entwicklung und Durchführung von Veranstaltungsformaten in den Hamburger Außenstellen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme mit Schwerpunkt Verfolgung und Widerstand im nationalsozialistischen Hamburg, eine unbefristete Stelle geschaffen werden.
Die zum 30.06.2021 auslaufende Stelle hatte ein Stellenprofil, das zum großen Teil vorbereitende und für die Eröffnung des Ortes notwendige konzeptionelle und wissenschaftliche Tätigkeiten (Erarbeitung der Ausstellungsinhalte, Redaktion des Ausstellungskatalogs) beinhaltet. Bei einer Betreuung und Begleitung der Gedenkstätte sind nach erfolgreichem Abschluss der derzeitigen Stelle Schwerpunkte zu setzen, die Veranstaltungsorganisation inklusive Bewerbungen, die Vernetzung mit anderen Hamburger Gedenkstätten sowie die Betreuung des Gedenkstättenportals im Internet und den sozialen Medien zum Inhalt haben. Diese Aufgaben sollten den Tätigkeitsmerkmalen einer Stelle TV-L Entgeltgruppe E 11 entsprechen.
Die Koalition von SPD und Grünen setzt sich mit dem vorliegenden Antrag dafür ein, dass die bisherige befristete Stelle durch eine unbefristete Stelle mit angepassten Aufgabenprofil fortgeführt wird, um weiterhin eine angemessene inhaltlich-pädagogische Begleitung des Geschichtsortes zu gewährleisten.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,
1. bei der Stiftung Gedenkstätten und Lernorte zur weiteren inhaltlichen Begleitung des „Geschichtsorts Stadthaus“ darauf hinzuwirken, eine Stelle Angestellte* EGr. E 11 vorzusehen,
2. die hierfür erforderlichen Mittel aus dem Budget der „Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte“ zur Verfügung zu stellen, und
3. der Bürgerschaft bis zum 31.12.2021 zu berichten.

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