BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
22. Wahlperiode
18.05.2022, Drucksache 22/8359
Antrag
der Abgeordneten Filiz Demirel, Maryam Blumenthal, Mareike Engels, Michael Gwosdz, Britta Herrmann, Linus Görg, Christa Möller-Metzger, Dr. Gudrun Schittek, Yusuf Uzundag, Peter Zamory (GRÜNE) und Fraktion
und
der Abgeordneten Ksenija Bekeris, Kazim Abaci, Danial Ilkhanipour, Regina-Elisabeth Jäck, Annkathrin Kammeyer, Jan Koltze, Iftikhar Malik, Kirsten Martens, Ali Simsek (SPD) und Fraktion
Betr.: Geflüchteten Zugang zum Arbeitsmarkt verschaffen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen
Hamburg ist eine solidarische Stadt und bietet Geflüchteten aus Kriegsregionen Schutz und Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben an. Aktuell suchen täglich viele Menschen aus der Ukraine bei uns Schutz, darunter vor allem Frauen mit Kindern. Aber auch aus anderen Ländern kommen weiterhin Menschen nach Hamburg auf der Suche nach einem sicheren, freien und selbstbestimmten Leben.
Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) hat sehr früh im Rahmen der Zuwanderung der Jahre ab 2015 erkannt, dass für eine schnelle, aber auch nachhaltige Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt verschiedenste Akteure zusammenarbeiten müssen. Schon im Sommer 2015 startete deshalb das Modellprojekt „Work and Integration for Refugees“ (W.I.R.), in dem die Stadt Hamburg rechtskreisübergreifend einerseits die Agentur für Arbeit, andererseits das Jobcenter team.arbeit.hamburg mit den Kammern sowie verschiedenen Beratungs- und Qualifizierungsangeboten freier Träger zusammen an einen Tisch und unter ein Dach brachte. Die FHH hat seither ihre Strukturen weiter gestärkt und aus den guten Erfahrungen gelernt. So wurde W.I.R in das neue Hamburg Welcome Center (HWC) integriert. (Drs. 22/2646) Hierauf kann in der aktuellen Situation zum Wohle aller Geflüchteten und Zuwanderer*innen aufgebaut werden.
Der Beschluss der Regierungschef*innen der Länder und des Bundeskanzlers vom 7. April bietet gute Voraussetzungen, um den Geflüchteten aus der Ukraine, für die durch einen einstimmigen Beschluss der EU erstmals die sogenannte Massenflucht-Richtlinie aktiviert werden konnte, schnelle Wege in den Arbeitsmarkt zu öffnen. Diese Beschlüsse treffen auf ein Umfeld, das durch die Vorhaben der Koalition aus SPD, GRÜNEN und FDP auf Bundesebene zahlreiche Verbesserungen für die Arbeitsmarktintegration und Integration von Zuwanderern und Geflüchteten insgesamt schafft. U. a. sollen Integrationskurse für alle Menschen, die nach Deutschland kommen, von Anfang angeboten werden.
Der vereinbarte Rechtskreiswechsel der Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine in das SGB II zum 1. Juni wird die Integration in Arbeit erleichtern. Auch hier kann die Arbeitsverwaltung auf den Erfahrungen seit 2015 aufbauen.
Viele Geflüchtete aus der Ukraine bringen berufliche Abschlüsse oder Hochschulabschlüsse mit. Die Stadt nutzt in enger Kooperation mit der Agentur für Arbeit Hamburg und Jobcenter team.arbeit.hamburg ergänzende Möglichkeiten, in Qualifikation, Sprache und Integration zu investieren und Angebote bedarfsgerecht zu gestalten. Dafür werden Kapazitäten auf Landesebene, insbesondere z. B. im HWC, bei Projekten und Trägern ausgebaut, um zusätzliche Beratungskapazität jetzt auch in ukrainischer oder zumindest russischer Sprache zu ermöglichen.
Eine Task Force aus bereits bestehenden Kapazitäten der Agentur für Arbeit und Jobcenter ist bereits in Kooperation mit der Stadt geschaffen und berät bereits in den Unterkünften und im HWC. Es gilt zu prüfen, an welchen Stellen Kapazitäten aufgestockt werden müssen. Daneben werden analog, online und hybrid Veranstaltungen, auch mit Partner*innen aus der Hamburger Unternehmenswelt, durchgeführt.
Wie bereits in den vergangenen Jahren gilt es, den Zugang zu Arbeit möglichst so zu gestalten, dass bestehende Qualifikationen genutzt und ausgebaut und noch nicht vorhandene Qualifikationen erworben werden können. Formen von Arbeitsausbeutung müssen verhindert und möglichst nachhaltige und tragfähige Integrationen in Arbeit und Ausbildung angestoßen werden.
Vielfach sind es Frauen, die aus der Ukraine mit Kindern und/oder Eltern geflohen sind, und nun Arbeit finden wollen. Hamburg bietet mit seinem ausgebauten System der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gute Voraussetzungen dafür, dass dies gelingen kann. Zugleich müssen sich begleitende Beratungs-, Integrations- und Hilfsangebote der Kinder-, Jugend und Familienhilfe auf diese veränderte Situation einstellen.
Auf der Integrationsministerkonferenz am 27. und 28. April 2022 in Hamburg wurde betont, dass die Maßnahmen zur Integration in einer gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen stehen. Dafür brauchen wir umgehend Unterstützung durch eine Integrationsoffensive auf Bundesebene. Es gilt, wie im Koalitionsvertrag des Bundes vorgesehen, eine angemessene finanzielle Förderung bei den Integrationsmaßnahmen, insbesondere in Beratungsstrukturen, Sprachförderung und bei der Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen zügig sicherzustellen.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird ersucht,
1. zu berichten, welche Maßnahmen getroffen und welche Kapazitäten und Beratungsstrukturen in Hamburg ausgebaut wurden, um die stark angestiegene Zahl von Geflüchteten insbesondere, aber nicht nur aus der Ukraine zu beraten und in den Arbeitsmarkt zu integrieren,
2. darzustellen, welche Anstrengungen insbesondere beim neu aufgestellten Hamburg Welcome Center (HWC) unternommen wurden, um eine erste Orientierung der Geflüchteten zu ermöglichen,
3. darzustellen, ob und in welchem Umfang zusätzliche Kapazitäten und Beratungsstrukturen von Jobcenter und Agentur für Arbeit z. B. in der Task Force unter dem Dach des HWC geschaffen wurden, um den Zugang von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt zu erleichtern und bei Bedarf aufzustocken,
4. zu prüfen, ob vorhandene Angebote zur Förderung von Anpassungsqualifizierungen auf Bundes- und Landesebene insbesondere das Stipendiumprogramm der Investitions- und Förderbank und Mittel für den Anerkennungszuschuss des Bundes sowie die Kapazitäten zur Bewertung der Abschlüsse bei der Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen ausgebaut werden müssen,
5. sicherzustellen, dass kurzfristig landesfinanzierte Sprachkurse bedarfsgerecht aufgestockt werden,
6. sich auf Bundesebene für eine zügige Umsetzung der beabsichtigten Stärkung der Integrationsangebote insbesondere Migrationsberatung und Jugendmigrationsdienst sowie Sprach- und Integrationskurse einzusetzen, und
7. der Bürgerschaft über das Jahr 2022 bis zum 31.03.2023 zu berichten.