BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
22. Wahlperiode
20.10.2022, Drucksache 22/9718
Antrag
der Abgeordneten Mareike Engels, Filiz Demirel, Michael Gwosdz, Britta Herrmann, Linus Görg, Christa Möller-Metzger, Zohra Mojadeddi, Dr. Gudrun Schittek, Yusuf Uzundag, Peter Zamory (GRÜNE) und Fraktion
und
der Abgeordneten Ksenija Bekeris, Kazim Abaci, Danial Ilkhanipour, Regina-Elisabeth Jäck, Annkathrin Kammeyer, Jan Koltze, Iftikhar Malik, Kirsten Martens, Ali Simsek (SPD) und Fraktion
Betr.: Obdachlosigkeit verhindern – Pension für Arbeit suchende Zugewan- derte auf den Weg bringen
Im Koalitionsvertrag haben SPD und GRÜNE vereinbart, eine Pension für Arbeit suchende EU-Zuwander*innen in Hamburg aufzubauen, um deren Integration in den Hamburger Arbeitsmarkt zu stärken und drohender Wohnungslosigkeit entgegenzuwirken.
Arbeitnehmerfreizügigkeit gehört zu den Gründungsprinzipien der EU und gibt EU- Bürger*innen das Recht, sich in den Mitgliedstaaten frei zu bewegen und sich nieder- zulassen. Sie ist Voraussetzung für einen europäischen Arbeitsmarkt und vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des Mangels an Arbeitskräften auch in Hamburg unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten enorm wichtig.
Der größte Teil der Zuwander*innen aus EU-Staaten ist gut qualifiziert und schafft es, schnell in Hamburg Fuß zu fassen. Ihnen gelingt die Arbeitsaufnahme, sie verfügen über ausreichendes Einkommen und eine Wohnung.
Zur gesellschaftlichen Realität gehört aber auch, dass EU-Zuwander*innen vor allem aus ärmeren Herkunftsländern aus sehr unterschiedlichen Gründen Schwierigkeiten mit Integration in den Arbeitsmarkt haben und sich daraus schnell Folgeprobleme ergeben können. Zu den Ursachen gehören sowohl falsche Vorstellungen über die Anforderungen des Arbeitsmarktes, Sprach- und Qualifikationsdefizite als auch aus- beuterische Arbeitsverhältnisse, die diese Menschen immer wieder zu Opfern machen.
Die Ergebnisse der Obdachlosenzählung 2018 zeigen, dass etwa zwei Drittel der in Hamburg erfassten 1.910 Obdachlosen keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Ganz überwiegend (71 Prozent) sind diese Menschen nach Hamburg gekommen, um Arbeit zu finden. Generell sind viele EU-Zuwander*innen aus ärmeren Herkunftsländern gerade in der Phase des Ankommens in Hamburg einem größeren Risiko von Arbeitsausbeutung und Mietwucher ausgesetzt. Dazu tragen oft sprachliche Probleme und Unkenntnis über die eigenen Rechte und Pflichten sowie über das hiesige Rechtssystem bei.
Mit der Arbeitnehmer*innen-Pension soll für die Zielgruppe der von Obdachlosigkeit bedrohten und betroffenen EU-Zuwander*innen ein sicherer Ausgangspunkt für die Stabilisierung der Lebenssituation geschaffen werden. Die Bürgerschaft hat sich des- halb im Januar 2020 mit Drs. 21/19710 für die Einrichtung einer Unterkunft ausge- sprochen, die insbesondere EU-Bürger*innen unterstützen soll, die mit ihrem Arbeitsplatz auch ihr Bleibe verlieren oder während der Suche nach regulärer Arbeit eine kurzzeitige Unterkunft benötigen. Dieses Unterkunftsangebot soll ergänzt werden durch soziale Beratungsangebote und Orientierungshilfen, die zu einer gelingenden Integration auf dem Arbeitsmarkt oder Klärung der weiteren Perspektiven beitragen.
Die bisher angelaufenen ersten Vorbereitungen zur Umsetzung dieses Projektes soll- ten jetzt angesichts der generell schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt und der gestiegenen Lebenshaltungskosten intensiviert und mit festen Zeitzielen für die end- gültige Konzipierung, Ausschreibung und Realisierung verbunden werden.
Insbesondere sollte schon während der Konzeptionsphase die Suche einer grundsätz- lich geeigneten Immobilie für dieses Vorhaben mit Nachdruck vorangetrieben werden. Hierzu können zum Beispiel die positiven Erfahrungen aus der kurzfristigen Akquise von nicht genutzten Hotel-Immobilien zur Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine hilfreich sein.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird ersucht,
- bis Ende 2022 eine mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern abgestimmte Kon- zeption für die Arbeitnehmer*innen-Pension vorzulegen, damit die praktische Umsetzung in 2023 beginnen kann,
- die für die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine genutzten (Hotel-)- Immobilien gezielt auf die Eignung zur Nutzung für dieses Projekt zu prüfen,
- der Bürgerschaft bis zum 31. August 2023 zu berichten.