BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache 22/16164
22. Wahlperiode 04.09.24
Antrag
der Abgeordneten Mareike Engels, Filiz Demirel, Linus Görg, Michael Gwosdz,
Dr. Adrian Hector, Britta Herrmann, Lisa Kern, Christa Möller-Metzger,
Dr. Gudrun Schittek, Yusuf Uzundag, Peter Zamory (GRÜNE) und Fraktion
und
der Abgeordneten Annkathrin Behr, Kazim Abaci, Danial Ilkhanipour,
Regina-Elisabeth Jäck, Jan Koltze, Claudia Loss, Iftikhar Malik, Kirsten Martens,
Ali Simsek (SPD) und Fraktion
Betr.: Soziale Schuldner*innenberatung in Hamburg weiter stärken
Die multiplen Krisen der letzten Jahre haben das Leben in Hamburg teurer gemacht. Besonders hart trifft es einkommensärmere Haushalte, die einen größeren Anteil ihres Einkommens für lebensnotwendige Güter wie Lebensmittel, Wohnen und Energie ausgeben müssen. Zugleich haben diese Haushalte weniger finanziellen Spielraum und geringere Ersparnisse, um Mehrkosten abzufedern. In den sozialen Schuldner*innenberatungsstellen Hamburgs schlägt sich die Inflation in einem Anstieg der Nachfrage nach Beratung nieder.
Die wichtigsten Überschuldungsursachen sind Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Krankheit in Kombination mit geringem Einkommen. Vor dem Hintergrund der noch anhaltenden wirtschaftlichen Krisen ist damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach sozialer Schuldner*innenberatung weiterwächst, um die individuellen Überschuldungsprobleme zu lösen.
Die Schuldner*innenberatungsstellen berichten, dass neben den materiellen Problemen auch die individuellen psychischen Belastungen der Ratsuchenden merklich gestiegen sind und dadurch die Beratungen im Einzelfall deutlich an Komplexität zunehmen. Oftmals braucht es mehr Zeit, um den vielschichtigen Problemen gerecht zu werden.
Die öffentliche Schuldner*innenberatung ist ein wichtiger Baustein unserer Sozialpolitik und trägt zur Verringerung der Belastungen für das Sozialsystem bei. Hamburg hat eine im bundesweiten Vergleich gut ausgebaute öffentlich geförderte Schuldner*innenberatung mit derzeit elf öffentlich geförderten Schuldner*innenberatungsstellen bei sieben Trägerorganisationen, die umfassende Beratung zu allen Fragen der Verschuldung bieten und bei der Durchführung des Verbraucher*inneninsolvenzverfahrens unterstützen.
Zusätzlich ist Hamburg ein Standort für das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz finanzierte Modellprojekt „Sozialräumliche Schuldnerberatung für Seniorinnen und Senioren“. Dieses Projekt entwickelt und erprobt innovative Konzepte der Schuldner*innenberatung mit dem Ziel, dass Senior*innen einfacher und frühzeitig Angebote der sozialen Schuldner*innenberatung in Anspruch nehmen. Im Fokus steht dabei ein aufsuchender Ansatz, d. h. die Beratung wird direkt vor Ort bei den Senior*innen erbracht.
Zum 1. August 2025 werden die Leistungen der Schuldner*innenberatung im Rahmen einer Neuausschreibung neu vergeben. In dieser Neuausschreibung wollen wir die Erfahrungen der letzten Vergabeperiode nutzen und weiterentwickelte Zielsetzungen berücksichtigen. Durch das geänderte Vergaberecht ist Tariftreue bereits ein Kriterium für die Neuausschreibung.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird ersucht,
1. bei der geplanten Neuausschreibung
a) die Einkommensgrenzen zu erhöhen und zu prüfen, ob aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zukünftig auf den Eigenanteil verzichtet werden kann;
b) der Förderung der Präventionsarbeit zukünftig einen noch höheren Stellenwert beizumessen und die Pauschale entsprechend zu erhöhen;
c) ebenso die Arbeit der Beratungsstellen in der offenen Kurz- und Notfallberatung weiter zu stärken;
d) den Umfang der Vergabe zu erhöhen, um die gestiegenen Bedarfe der Zielgruppe und die allgemeine Steigerung der Kosten seit 2018 zu berücksichtigen;
e) zu prüfen, ob für die Vergabe der Beratungsleistungen trägerübergreifend einheitliche Fallpauschalen festgelegt werden können, auf die sich die Träger mit qualifizierten Konzepten bewerben können;
2. zu prüfen, ob sozialräumlich orientierte Ansätze wie z. B. die aufsuchende Schuldner*innenberatung für Senior*innen in die Neuvergabe schon mit aufgenommen werden können;
3. die Abrechnung mit den Grundsicherungsämtern zu vereinfachen;
4. die benötigten Mehrausgaben für die Schuldner*innen- und Insolvenzberatung bei der Haushaltsaufstellung 2025/2026 zu berücksichtigen;
5. der Bürgerschaft bis zum 30.06.2025 zu berichten.